Executive Master in Entrepreneurship, Leadership und Digitaler Innovation
Meet the faculty: Martin Kupp
Martin Kupp ist Professor für Entrepreneurship an der ESCP Business School Paris und Mitbegründer von Renaissance Fusion, dem ersten Fusions-Start-up in Kontinentaleuropa. Er begeistert sich besonders für Entrepreneurship und Energien der Zukunft.
Im Rahmen des Executive Master in Digital Innovation and Entrepreneurial Leadership (EMDIEL), geht Martin Kupp einigen seiner anderen Leidenschaften nach und unterrichtet strategische Innovation und Kreativität in Unternehmen.
ESCP: Martin, 2011 hast du ein Buch über zeitgenössische Künstler geschrieben und darüber, was Manager von ihnen lernen können. Wie bist du auf diese Idee gekommen?
Martin Kupp: Die Idee stammt eigentlich aus der Zusammenarbeit mit Unternehmen. Im Bereich Executive Education, Weiterbildung für Führungskräfte, verwende ich gerne Fallstudien, um Probleme und Beispiele aus der Praxis vorzustellen. Aber bei vielen dieser Fallstudien geht es um bekannte Unternehmen wie Apple, Tesla oder Siemens und so weiter. Oft sind Führungskräfte es leid, immer wieder von denselben Unternehmen zu hören. Deshalb haben meine Co-Autoren Jamie Anderson, Jörg Reckhenrich und ich, uns auf die Suche nach neuen und interessanten Geschichten gemacht.
Jamie und ich haben einen betriebswirtschaftlichen Hintergrund. Jörg ist aber Künstler und auch Kunsthistoriker. Im Gespräch, nach welcher Art von Geschichten wir suchten, sagte Jörg, dass unsere Fragen ihn an Künstler erinnerten, die darum kämpfen, auf einem Markt Fuß zu fassen, relevant zu bleiben oder die mit neuen Technologien und Techniken konfrontiert werden. Wir fanden das interessant und begannen, weiter zu nachzuforschen.
ESCP: Und was würdest du sagen, sind die wichtigsten Erkenntnisse für Manager, wenn es um Innovation geht?
Martin Kupp: Wichtigste Erkenntnis Nummer eins ist: Sie sind nicht allein. Führungskräfte denken oft, dass sie die Einzigen sind, die mit einer bestimmten Herausforderung konfrontiert sind. In Wirklichkeit sind die meisten Herausforderungen für Führungskräfte heute, die gleichen oder grundlegende Herausforderungen, mit denen sich nicht nur andere Führungskräfte, sondern sogar Künstler seit langem konfrontiert sehen.
Die zweite Erkenntnis ist, dass man zur Lösung eines Problems oft eine neue und frische Perspektive einnehmen und seine Komfortzone verlassen muss. Dinge, die man kennt, beherrscht und mit denen man sich wohl fühlt, sollten hinten angestellt werden.
Um kreatives Potenzial freizusetzen, können z.B. der Blick in eine andere Branche, in eine andere Zeit oder eine neue Perspektive helfen. Und nicht zuletzt ist Kunst emotional und spricht die Menschen an. Und Emotionen und Engagement sind der Schlüssel zum Lernen, Verlernen und Verändern.
ESCP: Wie baust du „kreative“ Aufgaben zur Förderung von Innovation in deinen Unterricht ein?
Martin Kupp: Der deutsche Künstler Joseph Beuys hat einmal gesagt, dass jeder Mensch ein Künstler ist. Als er diese Aussage in den frühen 1960er Jahren machte, schockierte sie die exklusive Kunstwelt: Kann wirklich jeder von uns Kunst produzieren und definieren?
Unserer Meinung nach wollte Beuys damit nicht andeuten, dass jeder Mensch sich der bildenden Kunst oder der Schriftstellerei zuwenden sollte (obwohl das natürlich ein Teil des Weges sein kann). Vielmehr ging es ihm darum, die latenten kreativen Fähigkeiten jedes Einzelnen zu mobilisieren - unsere kreativen Gedanken, Worte und Handlungen zu nutzen und sie auf sinnvolle Weise zum Ausdruck zu bringen.
Dazu brauchen wir persönliche Kreativität, Prozesskreativität und kollektive Kreativität. Um Innovation in meinem eigenen Unterricht anzuregen, mag ich den Ansatz, Ideen zu entwickeln und dann verschiedene Perspektiven hinzuzufügen, indem ich verschiedene Rollen einnehme. Ich frage mich zum Beispiel: Wenn ich ein Teilnehmer wäre, was würde ich erwarten? Oder, wenn ich ein Kollege eines Teilnehmers wäre, was würde ich wollen, dass mein Kollege aus dem Programm mitnimmt und so weiter. Das hilft mir, ein Programm aus verschiedenen Perspektiven zu entwickeln.
ESCP: In Anbetracht der Tatsache, dass Big Data, KI und machine learning die globalen Märkte umwälzen, welche Rolle wird deiner Meinung nach die menschliche Kreativität in den kommenden Jahren bei der strategischen Innovation spielen? In welchen Bereichen, glaubst du, wird sich das menschliche Gehirn gegenüber Maschinen durchsetzen?
Martin Kupp: Wir beginnen zu sehen, dass KI tatsächlich ziemlich kreativ sein kann. Wenn wir bei der oben genannten Idee bleiben, dass Kreativität oft verschiedene Perspektiven braucht, dann kann KI diese verschiedenen Perspektiven sehr schnell erzeugen. Wir müssen sie nur dazu bringen, bestimmte Rollen einzunehmen oder unterschiedliche Kontexte anzunehmen. Letztlich geht es also nicht darum, dass die KI über den Menschen oder der Mensch über die Maschine gewinnt, sondern darum, wie wir das immense Potenzial dieser Technologien am besten nutzen können. Und dafür brauchen wir Fachwissen, aber auch die Bereitschaft, etwas auszuprobieren, zu iterieren, verschiedene Perspektiven einzunehmen - und letztlich unsere eigene Kreativität zu nutzen, um die Qualität des maschinellen Outputs zu steigern.
ESCP: Ungewöhnlich an deinem Werdegang ist, dass du nicht nur zu Themen wie Innovation, Kreativität und Unternehmertum forschst und lehrst, sondern auch ein Unternehmen mitbegründet hast. Wie kam es dazu und glaubst du, dass dieser Schritt deine Art zu lehren verändert hat?
Martin Kupp: Um ganz ehrlich zu sein, war das überhaupt nicht geplant. Als Professor für Entrepreneurship werde ich von meinen Student:innen mit vielen Gründungsideen konfrontiert. Und ich coache auch Startups in der Blue Factory der ESCP und darüber hinaus. Und obwohl mir viele dieser Ideen gefallen, hatte ich nie das Bedürfnis, mich dem Gründer anzuschließen. Für mich sind die Gründung eines Unternehmens und die Forschung über Menschen, die Unternehmen gründen, zwei sehr unterschiedliche Dinge. Diese Dinge können Hand in Hand gehen, müssen aber nicht.
Aber als ich Francesco Volpe 2018 traf und er mir von seinen Ideen erzählte, Fusionsenergie aus dem Labor ins Netz zu bringen, wusste ich, dass dies etwas so Faszinierendes und Unglaubliches ist, dass ich daran teilhaben wollte. So etwas hatte ich noch nie gefühlt. Und so beschloss ich, Francesco zu unterstützen und Renaissance Fusion mit ihm zusammen zu gründen.
Heute sind wir mehr als 60 Personen und das Unternehmen hat seinen Sitz in Grenoble. Hat sich dadurch meine Art zu unterrichten verändert? Ja, ich denke schon.
Ich würde sagen, dass ich dadurch eine neue Perspektive gewonnen habe, eine neue Ebene in meinem Denken über Unternehmertum. Und das hilft mir, noch einmal anders über die Art und Weise nachzudenken, wie ich lehre und mit den Teilnehmern umgehe.
ESCP: Eine letzte Frage haben wir noch: Was gefällt dir am besten am Unterricht mit den EMDIEL-Teilnehmern?
Martin Kupp: Wie ihr vielleicht schon erraten habt, mag ich die Arbeit mit Berufserfahrenen sehr. Das kann zwar sehr herausfordernd, aber auch sehr lohnend sein. Für mich geht es beim Unterrichten von Berfuserfahrenen darum, in einen Dialog zu treten und ihnen auf Augenhöhe zu begegnen. Das gilt zwar auch für Bachelor- oder Masterstudenten, aber die zusätzliche Dimension, die ich sehr schätze, ist ihre Expertise. Wenn man bereits einige Zeit in einer Branche gearbeitet und Menschen geführt hat, verändert sich die Diskussion erheblich. Die Diskussionen werden schnell sehr konkret und auch persönlich. Und am Ende habe ich oft das Gefühl, dass ich mindestens genauso viel gelernt habe wie die Teilnehmer.
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